Veröffentlicht am März 12, 2024

Der digitale Graben zwischen Schweizer Städten und Alpen ist keine technische Nebensächlichkeit, sondern eine existenzielle Bedrohung für die wirtschaftliche Souveränität der Bergregionen.

  • Die Abhängigkeit von Tourismus und die Abwanderung junger Talente werden durch schlechte Konnektivität massiv verschärft.
  • Pragmatische Technologiemixe (Starlink & Glasfaser) und proaktives Community-Management sind wirksamer als das Warten auf nationale Grosskonzerne.

Empfehlung: Bergregionen müssen aufhören, um Anschluss zu bitten. Sie müssen ihre digitale Infrastruktur als strategisches Recht einfordern und durch unkonventionelle Allianzen, wie zwischen Energie- und Datennetzen, selbst in die Hand nehmen.

Das Bild ist vertraut: Ein atemberaubendes Alpenpanorama, doch das Hochladen des Fotos scheitert am fehlenden Netz. Diese Anekdote ist mehr als ein Luxusproblem für Touristen; sie ist ein Symptom für eine tiefe und gefährliche Kluft, die sich durch unser Land zieht. Während in den urbanen Zentren über die Vorteile von 10-Gigabit-Anschlüssen diskutiert wird, kämpfen ganze Talschaften um eine stabile Grundversorgung. Es ist ein stiller Kampf, der über die Zukunft unserer Berggebiete entscheidet.

Die gängigen Antworten klingen oft resigniert: Man verweist auf die hohen Kosten des Ausbaus, die topografischen Hürden oder die Einsprachen gegen neue Antennen. Man hofft auf die Grosskonzerne oder staatliche Förderprogramme. Doch was, wenn dieser passive Ansatz der Kern des Problems ist? Was, wenn es nicht darum geht, höflich um die Brosamen der digitalen Welt zu bitten, sondern darum, unsere digitale Souveränität als Grundrecht für eine prosperierende Heimat einzufordern?

Dieser Artikel ist ein Plädoyer für einen Strategiewechsel. Er ist ein Aufruf an Politiker und Unternehmer in den Randregionen, das Narrativ zu ändern. Wir werden nicht die Probleme beklagen, sondern konkrete, oft unkonventionelle Lösungsansätze aufzeigen. Es ist an der Zeit, den Kampf um unsere Zukunft nicht nur zu führen, sondern ihn auch zu gewinnen.

In den folgenden Abschnitten analysieren wir die entscheidenden Handlungsfelder – von den veränderten Erwartungen der Gäste über die grosse Chance des „Workation“-Trends bis hin zu überraschenden Synergien zwischen alpiner Energieproduktion und Dateninfrastruktur. Entdecken Sie eine Roadmap für die digitale Autonomie der Schweizer Bergwelt.

Warum buchen Gäste keine Ferienwohnung ohne High-Speed-WLAN mehr?

In der modernen Tourismuswirtschaft ist eine schnelle und zuverlässige Internetverbindung keine Annehmlichkeit mehr, sondern eine Grundvoraussetzung – so fundamental wie fliessendes Wasser oder ein sauberes Bett. Die Erwartungshaltung der Gäste hat sich radikal gewandelt. Sie wollen nicht nur ihre Erlebnisse in Echtzeit teilen, sondern auch verregnete Abende mit Streaming-Diensten überbrücken oder kurzfristig berufliche E-Mails beantworten. Eine Ferienwohnung ohne performantes WLAN ist für viele Familien und Paare schlichtweg keine Option mehr und fällt bei der Online-Suche sofort durchs Raster. Bei einem Tourismusvolumen von fast 42,8 Millionen Logiernächten allein im Jahr 2024 in der Schweiz ist das Ignorieren dieser Anforderung ein strategischer Fehler, der direkt die Auslastung und damit die lokale Wertschöpfung beeinträchtigt.

Die gute Nachricht ist, dass Betriebe nicht passiv auf den grossflächigen Glasfaserausbau warten müssen. Pragmatische und sofort verfügbare Lösungen können den Unterschied machen und die Wettbewerbsfähigkeit sichern. Sie sind ein Zeichen von Initiative und Professionalität, das von den Gästen honoriert wird.

Praxisbeispiel: ROI der Starlink-Installation für einen Alpenbetrieb

Ein abgelegener Käsereibetrieb auf einer Alp, der bisher ohne jegliche Internetverbindung auskommen musste, hat eine Starlink-Satellitenanlage installiert. Die Kosten beliefen sich auf einmalig 250 CHF für die Hardware und 65 CHF pro Monat. Mit einer nun stabilen Verbindung von durchschnittlich 200 Megabit pro Sekunde im Download kann der Betrieb nicht nur Remote-Buchungen für Besichtigungen und Degustationen effizient verwalten, sondern auch digitale Zahlungen vor Ort problemlos abwickeln. Diese Investition hat die Tür zu einer neuen, digital-affinen Kundschaft geöffnet und die Betriebsabläufe modernisiert.

Dieses Beispiel zeigt: Proaktives Handeln ist möglich und rentabel. Es geht darum, die Kontrolle über die eigene digitale Infrastruktur zu übernehmen, anstatt sich vom Standortnachteil definieren zu lassen. Jeder Betrieb, der in Konnektivität investiert, stärkt nicht nur das eigene Geschäft, sondern sendet auch ein wichtiges Signal für die ganze Region.

Wie locken Berggemeinden „Workation“-Touristen durch bessere Infrastruktur an?

Die „Workation“ – die Verbindung von Arbeit (Work) und Urlaub (Vacation) – ist mehr als ein kurzlebiger Trend. Sie ist die logische Konsequenz einer Arbeitswelt, in der Flexibilität zur Norm wird. Eine aktuelle Studie belegt, dass bereits 75 % der Schweizer Erwerbstätigen von flexiblen Arbeitsformen profitieren. Dies ist eine riesige Zielgruppe, die potenziell Wochen oder Monate ausserhalb der klassischen Bürostrukturen verbringen kann. Für die Schweizer Alpen ist das eine historische Chance, die Saisonalität zu durchbrechen, die Auslastung in der Nebensaison zu steigern und eine kaufkräftige, junge Klientel anzuziehen, die nicht nur für ein Wochenende bleibt.

Doch diese Chance lässt sich nur mit der richtigen Infrastruktur ergreifen. Ein wackliges Hotel-WLAN reicht nicht aus. „Workation“-Gäste benötigen professionelle Bedingungen: stabile Verbindungen für stundenlange Videokonferenzen, ruhige Arbeitsplätze und eine zuverlässige Mobilfunkabdeckung. Gemeinden, die hier investieren, schaffen eine neue, nachhaltige Säule für ihre lokale Wertschöpfungskette.

Moderner Arbeitsplatz mit Bergblick in einem alpinen Coworking Space

Projekte, die solche professionellen Umgebungen schaffen, sind Leuchttürme und Vorbilder. Sie beweisen, dass die Bergwelt nicht nur ein Ort der Erholung, sondern auch der produktiven Arbeit sein kann. Sie sind die Keimzellen einer neuen alpinen Wirtschaft.

Pionierprojekt: Das Mountain-Lab in Adelboden

Seit 2020 bietet das von Tourismus Adelboden-Lenk-Kandersteg betriebene Mountain-Lab professionelle Coworking-Plätze. Das Besondere: Eine hochmoderne Cisco-Video-Konferenz-Infrastruktur garantiert virtuelle Meetings in HD-Qualität. Laut einem Bericht von Computerworld.ch verbindet dieses Angebot die traditionsreiche Bergregion direkt mit der globalen digitalen Wirtschaft und macht sie für eine neue Generation von digitalen Nomaden und flexiblen Arbeitskräften attraktiv.

Die Botschaft ist klar: Jede Gemeinde, die einen Coworking-Space mit robuster Infrastruktur fördert, investiert direkt in ihre eigene Zukunft. Es ist ein aktiver Schritt weg von der reinen Tourismusabhängigkeit hin zu einem diversifizierten und widerstandsfähigen Wirtschaftsstandort.

Wie gehen Gemeinden mit Einsprachen gegen neue Mobilfunkantennen um?

Der Ausbau der Mobilfunknetze ist für die Berggebiete überlebenswichtig, stösst aber regelmässig auf lokalen Widerstand. Einsprachen gegen neue Antennenstandorte, oft getragen von der Angst vor Strahlung, blockieren essenzielle Fortschritte. Für Gemeindevertreter ist dies eine der heikelsten Aufgaben: Sie stehen zwischen der technischen Notwendigkeit für Sicherheit und Wirtschaft und den Sorgen der eigenen Bevölkerung. Ein passives oder konfrontatives Vorgehen führt hier unweigerlich in eine Sackgasse. Der Schlüssel liegt in einem proaktiven, transparenten und strategischen Dialog, der Ängste ernst nimmt, aber gleichzeitig den unschätzbaren Nutzen einer lückenlosen Abdeckung klar und unmissverständlich kommuniziert.

Es geht nicht darum, Bedenken zu ignorieren, sondern sie mit Fakten und Empathie zu entkräften. Eine moderne Antenne ist kein Feind im Dorfbild, sondern ein Wächter für die Sicherheit und ein Tor zur digitalen Welt. Sie ermöglicht nicht nur Homeoffice und Streaming, sondern auch die schnelle Alarmierung der Rega in Notfällen. Tatsächlich hat die verbesserte Infrastruktur massgeblich zur Sicherheit beigetragen. So stellt der Deutsche Alpenverein fest, dass es „in den vergangenen 70 Jahren hat es nie so wenige Tote in den Bergen gegeben“. Jede Antenne ist ein Leuchtturm der Sicherheit. Die folgende Checkliste zeigt, wie Gemeinden diesen Prozess strategisch gestalten können.

Ihr Plan für erfolgreiche Antennen-Projekte

  1. Frühzeitige Information: Kommunizieren Sie proaktiv geplante Standorte und die technischen Notwendigkeiten, bevor Gerüchte entstehen.
  2. Runder Tisch mit Experten: Organisieren Sie Informationsveranstaltungen mit unabhängigen Fachleuten, z. B. vom BAFU, um über Strahlungsgrenzwerte der ONIR-Verordnung aufzuklären und Messungen anzubieten.
  3. Architektonische Integration: Planen Sie die visuelle Integration der Antennen. Prüfen Sie Möglichkeiten, sie in bestehende Strukturen wie Kirchtürme, Scheunen oder Masten von Bergbahnen zu integrieren.
  4. Nutzen kommunizieren: Verdeutlichen Sie den direkten Nutzen für die lokale Sicherheit (z.B. Rega-Erreichbarkeit), die Landwirtschaft (moderne Sensortechnik) und die lokale Wirtschaft (Homeoffice, Tourismus).
  5. Transparente Dokumentation: Stellen Sie alle relevanten Dokumente, Gutachten und Messprotokolle der Grenzwerte öffentlich zur Verfügung, um Vertrauen zu schaffen.

Dieser strategische Ansatz verwandelt einen potenziellen Konflikt in ein Gemeinschaftsprojekt. Er erfordert Mut und Führungsstärke, ist aber der einzige Weg, um den Kampf um die Zukunft der digitalen Anbindung an dieser entscheidenden Front zu gewinnen.

Der Nachteil für Schüler in Randregionen, wenn die Schule digital nicht mithält

Während in städtischen Schulen digitale Lernplattformen, Tablets und interaktive Whiteboards längst zum Alltag gehören, kämpfen viele Schulen in den Bergregionen mit den Grundlagen: einer stabilen Internetverbindung. Dieser digitale Graben ist keine Lappalie; er ist eine tickende Zeitbombe für die Chancengleichheit und die Zukunftsperspektiven der Jugend in den Alpen. Wenn Schülerinnen und Schüler den Umgang mit digitalen Werkzeugen nicht ebenso selbstverständlich lernen wie ihre Altersgenossen im Mittelland, werden sie systematisch benachteiligt. Ihnen fehlt der Zugang zu globalen Wissensressourcen, sie können nicht an überregionalen digitalen Bildungsprojekten teilnehmen und erwerben nicht die digitalen Kompetenzen, die auf dem modernen Arbeitsmarkt unabdingbar sind.

Wir produzieren sehenden Auges eine Generation von digital Benachteiligten. Dies ist nicht nur unfair, sondern auch volkswirtschaftlich brandgefährlich. Es zementiert den Standortnachteil der Berggebiete für die nächste Generation und beschleunigt die Abwanderung junger, talentierter Menschen, die ihre berufliche Zukunft dort suchen müssen, wo die digitale Infrastruktur stimmt. Es ist eine Verletzung des föderalen Versprechens auf gleichwertige Lebensbedingungen in allen Landesteilen.

Schüler mit Tablets in einer traditionellen Bergschule ohne stabiles Internet

Das Bild einer traditionellen Dorfschule hat seinen Charme, darf aber nicht zur romantisierten Falle werden. Ohne einen leistungsstarken Anschluss an die digitale Welt wird aus Heimatverbundenheit schnell ein Gefühl des Abgehängtseins. Die Investition in die digitale Infrastruktur der Schulen ist daher keine technische Ausgabe, sondern die wichtigste Investition in das Humankapital und die Zukunftsfähigkeit der Alpenregionen.

Jede Gemeinde, die ihre Schule nicht mit Glasfaser oder einer ebenbürtigen Technologie anbindet, nimmt billigend in Kauf, dass ihre Kinder mit einem Rucksack voller Steine ins Rennen um die besten Ausbildungs- und Arbeitsplätze geschickt werden. Das dürfen wir als heimatverbundene Kämpfer für unsere Regionen nicht zulassen.

Starlink oder Glasfaser: Was ist die letzte Rettung für abgelegene Alpen?

Die Debatte um die beste Internet-Technologie für die Alpen wird oft als ideologischer Kampf zwischen der etablierten Glasfaser und dem disruptiven Satelliten-Internet von Starlink geführt. Doch für einen abgelegenen Bergbauernhof, ein Maiensäss oder ein ganzes Seitental ist dies keine Frage der Ideologie, sondern der reinen Existenz. Glasfaser ist zweifellos der Goldstandard in Sachen Geschwindigkeit und Stabilität, doch die Verlegung in anspruchsvollem Gelände ist extrem teuer und oft wirtschaftlich nicht darstellbar. Jahrelang auf einen potenziellen Anschluss zu warten, ist für viele Betriebe keine Option.

Starlink hingegen bietet eine sofortige Lösung. Mit einer kleinen Satellitenschüssel kann nahezu jeder Ort mit freier Sicht zum Himmel mit High-Speed-Internet versorgt werden. Dies ist revolutionär für Einzelhöfe und kleine Weiler, die bisher als „unerschliessbar“ galten. Es ist ein Werkzeug der digitalen Souveränität für diejenigen, die vom traditionellen Netzausbau im Stich gelassen wurden. Doch auch Starlink hat seine Grenzen, etwa bei der Latenz oder bei extremen Wetterbedingungen.

Die pragmatische Wahrheit liegt, wie so oft, in der Mitte. Anstatt auf eine einzige Allheilmittel-Technologie zu setzen, müssen kluge Gemeinden auf einen hybriden Ansatz setzen: Glasfaser für die dicht besiedelten Dorfkerne und Starlink oder 5G-Fixed-Wireless-Access für die dezentralen Lagen. Der folgende Vergleich zeigt die Stärken und Schwächen der beiden Haupttechnologien auf.

Kosten-Nutzen-Vergleich von Starlink und Glasfaser für Alpenbetriebe
Kriterium Starlink Glasfaser
Monatliche Kosten 50-59 CHF 40-80 CHF
Einmalkosten Hardware 250 CHF (oder 10 CHF/Monat Miete) 0-500 CHF Installation
Download-Speed 50-250 Mbps (Ø 100 Mbps) bis 1000 Mbps stabil
Latenz 40-60ms 2-5ms
Verfügbarkeit Alpen Überall mit freier Sicht Nur erschlossene Gebiete
Wetterabhängigkeit Einschränkungen bei Schnee/Sturm Wetterunabhängig

Eine Analyse von Moneyland.ch zu den Details von Starlink in der Schweiz zeigt, dass es eine absolut valide Option ist. Der entscheidende Punkt ist der strategische Mix. Immer mehr Schweizer Berggemeinden gehen genau diesen Weg und kombinieren Glasfaser für den Dorfkern mit Starlink für die Aussenhöfe. So wird eine flächendeckende, qualitativ hochstehende Versorgung erreicht, ohne auf den Sankt-Nimmerleins-Tag des vollständigen Glasfaserausbaus warten zu müssen.

Das Problem der Netzkapazität, das viele alpine Projekte scheitern lässt

Selbst dort, wo eine grundsätzliche Mobilfunkabdeckung vorhanden ist, lauert eine zweite, oft übersehene Falle: die mangelnde Netzkapazität. Ein 4G- oder sogar 5G-Symbol auf dem Smartphone ist keine Garantie für eine funktionierende Verbindung. Das Problem manifestiert sich am deutlichsten während der Hochsaison, an Wochenenden oder bei Grossanlässen wie Skirennen oder Musikfestivals. Wenn sich Tausende von Menschen gleichzeitig in einem begrenzten Gebiet aufhalten und alle ihre Geräte nutzen, bricht die lokale Mobilfunkzelle unter der Last zusammen. Die Datenverbindung wird quälend langsam oder kommt ganz zum Erliegen. Man hat zwar „Empfang“, aber kein „Netz“.

Dieses Phänomen ist mehr als nur ein Ärgernis. Es untergräbt das Vertrauen in die digitale Infrastruktur und hat handfeste wirtschaftliche Konsequenzen. Wenn das digitale Kassensystem am Marktstand ausfällt, die Park-App nicht mehr funktioniert oder der Livestream des Events abbricht, schadet das dem Image der gesamten Destination. Für „Workation“-Gäste ist eine solche Unzuverlässigkeit ein absolutes K.o.-Kriterium. Niemand kann es sich leisten, während eines wichtigen Video-Calls aus der Leitung zu fliegen, nur weil gerade die Skischulen Mittagspause machen.

Die Ursache ist eine Infrastruktur, die nur für die Grundlast der ortsansässigen Bevölkerung, nicht aber für die Spitzenlasten des Tourismus ausgelegt ist. Es ist, als würde man versuchen, einen Stausee durch ein Gartenrohr zu leeren. Die Forderung an die Telekomanbieter muss daher nicht nur „mehr Abdeckung“, sondern auch „mehr Kapazität“ lauten. Die Anbindung der Mobilfunkantennen an das Glasfasernetz (Fiber to the Antenna) ist hier der entscheidende technische Schritt, um die notwendigen Bandbreiten für Tausende von Nutzern gleichzeitig bereitzustellen.

Als Vertreter der Berggebiete müssen wir diesen Punkt in jeder Verhandlung mit den Anbietern auf den Tisch bringen. Eine Abdeckung, die nur bei Nebel und leeren Pisten funktioniert, ist keine echte Abdeckung. Sie ist eine Schönwetter-Infrastruktur, die uns im Stich lässt, wenn wir sie am dringendsten brauchen.

MeteoSwiss oder Bergfex: Welcher App vertrauen Sie bei der Wanderplanung?

Die Frage, welche Wetter-App am Berg die zuverlässigste ist, sorgt unter Wanderern und Alpinisten regelmässig für hitzige Debatten. Ob das nationale Modell von MeteoSwiss oder spezialisierte Anbieter wie Bergfex – die digitalen Helfer sind zu einem unverzichtbaren Werkzeug für die Tourenplanung und Sicherheit geworden. Sie warnen vor Wetterumstürzen, zeigen Regenradare in Echtzeit und liefern detaillierte Prognosen für spezifische Gipfel. Doch diese Debatte über die beste App ist letztlich akademisch, wenn die grundlegendste Voraussetzung fehlt: eine stabile Netzverbindung.

Ein Schweizer Bergführer bringt das Dilemma auf den Punkt:

Die beste App ist nutzlos ohne Netz.

– Schweizer Bergführer, Expertenmeinung zur Netzabdeckung in den Alpen

Diese einfache Wahrheit ist der Kern des Problems. In zahlreichen beliebten Wandergebieten der Schweiz gibt es nach wie vor tückische Funklöcher. Berichte von Wanderern zeigen, dass es zum Beispiel in der bekannten Jungfrau-Region keinen Empfang in Gebieten wie Obersteinberg oder nach dem Meidpass Richtung Gruben gibt. Genau an solchen Orten, oft abseits der Hauptrouten, wäre eine aktuelle Wetterinformation oder die Möglichkeit, einen Notruf abzusetzen, überlebenswichtig. Das Smartphone, das in der Stadt ein Alleskönner ist, wird am Berg ohne Netz zu einem nutzlosen Stück Glas und Metall.

Die lückenlose Netzabdeckung ist somit keine Frage des Komforts, sondern der nationalen Sicherheitsinfrastruktur. Jedes Funkloch ist eine potenzielle Gefahrenzone. Der Ausbau des Mobilfunknetzes in Wander- und Berggebieten ist eine direkte Investition in die Prävention von Unfällen und die Rettungskette. Es ist unsere Pflicht als Vertreter der Bergregionen, dies bei jeder politischen Diskussion ins Feld zu führen. Die Sicherheit unserer Gäste und Einheimischen darf nicht an der Wirtschaftlichkeitsrechnung eines Telekom-Konzerns scheitern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Konnektivität ist kein Luxus: High-Speed-Internet ist eine Grundvoraussetzung für modernen Tourismus, Bildung und die lokale Wirtschaft in den Alpen.
  • Hybride Lösungen sind der Schlüssel: Ein strategischer Mix aus Glasfaser für Zentren und Satelliten-Internet (Starlink) für Randlagen ist die pragmatischste Lösung.
  • Der Kampf ist politisch: Es geht um digitale Souveränität und die aktive Einforderung des Rechts auf Zukunft, nicht um passives Warten auf Konzerne.

Warum alpine Solaranlagen effizienter sind als Anlagen im Mittelland?

Auf den ersten Blick scheint es ein anderes Thema zu sein, doch es ist der Schlüssel zu einer revolutionären Strategie: Alpine Solaranlagen sind deutlich effizienter als ihre Pendants im Mittelland. Der Grund dafür liegt in den physikalischen Gegebenheiten der Höhe. Oberhalb des Nebelmeers profitieren die Anlagen von mehr Sonnenstunden, insbesondere im Winter. Die dünnere Atmosphäre filtert weniger Sonnenlicht, und die Reflexion des Lichts durch die Schneedecke (der sogenannte Albedo-Effekt) steigert den Ertrag der Module zusätzlich. Alpine Solaranlagen sind also keine Notlösung, sondern ein Kraftwerk ersten Ranges.

Und hier schliesst sich der Kreis zu unserem Kampf um die digitale Zukunft. Jeder Bau einer grossen alpinen Solaranlage erfordert eine massive Infrastruktur-Erschliessung: Zufahrtswege, Stromleitungen und Steuerungs- und Überwachungssysteme. Genau hier liegt die historische Chance für eine Infrastruktur-Allianz. Wenn wir ohnehin Gräben für Stromkabel ausheben, warum legen wir nicht gleichzeitig Leerrohre für Glasfaserkabel hinein? Die zusätzlichen Kosten sind marginal im Vergleich zu den Kosten einer separaten Verlegung.

Diese Synergie zwischen Energie- und Dateninfrastruktur ist der Hebel, mit dem die Berggebiete ihre digitale Autonomie im grossen Stil vorantreiben können. Anstatt zwei separate, teure Kämpfe zu führen, bündeln wir die Kräfte. Diese „doppelte Ernte“ – saubere Energie und High-Speed-Daten – macht alpine Regionen zu Vorreitern der nationalen Energie- und Digitalisierungsstrategie. Die Potenziale sind enorm:

  • Nutzung von neuen Strommasten für die gleichzeitige Verlegung von Glasfaserkabeln.
  • Installation von 5G-Antennen direkt auf den Wartungs- und Tracking-Systemen der Solarparks.
  • Gemeinsame Nutzung von Zufahrtswegen und Logistik für die Wartung beider Systeme.
  • Kombination von Batteriespeichern der Solaranlagen mit dezentralen Edge-Computing-Rechenzentren.
  • Sicherstellung des Echtzeit-Monitorings der Energieproduktion durch das gleichzeitig geschaffene, stabile Datennetz.

Dies ist der Weg, um den Standortnachteil in einen strategischen Vorteil zu verwandeln. Wir müssen aufhören, in getrennten Silos zu denken. Die Zukunft der Alpen liegt in der intelligenten Verknüpfung ihrer Stärken: Wasser, Sonne und der unbändige Wille, die eigene Heimat zu gestalten.

Indem wir die Synergien zwischen Energie- und Dateninfrastruktur nutzen, können wir die Effizienz alpiner Projekte maximieren und eine nachhaltige Zukunft sichern.

Fordern Sie als Unternehmer und Politiker diese Infrastruktur-Allianzen bei jedem neuen Energieprojekt ein. Es ist Ihr Recht und Ihre Pflicht, die Weichen für eine prosperierende, unabhängige und digital souveräne Alpenregion zu stellen. Der Kampf um unsere Zukunft wird hier und jetzt gewonnen.

Geschrieben von Reto Aebischer, Dipl. Informatikingenieur ETH und Digital Transformation Consultant für den Schweizer Mittelstand. Spezialisiert auf Cybersecurity, Cloud-Migration und Prozessautomatisierung.