Veröffentlicht am Mai 21, 2024

Die gezielte Preisdiskriminierung von Schweizer Kunden ist ein System, das Sie mit dem richtigen Wissen strategisch aushebeln können.

  • Das Geoblocking-Verbot ist kein Allheilmittel; Händler nutzen weiterhin Tricks, um höhere Preise durchzusetzen.
  • Eine ganzheitliche Strategie, die legale Lieferadressen, smarte Zahlungsmittel und die Kenntnis des Zollrechts kombiniert, ist entscheidend.

Empfehlung: Beenden Sie die Frustration und nutzen Sie die hier vorgestellten Werkzeuge, um sich die fairen Preise des EU-Binnenmarktes zu sichern.

Kennen Sie das Gefühl? Sie finden online ein Produkt, legen es in den Warenkorb und geben Ihre Schweizer Adresse ein. Plötzlich springt der Preis in die Höhe, der Versand ist unverschämt teuer oder die Lieferung in die Schweiz ist gar nicht erst möglich. Dieser „Schweiz-Zuschlag“ ist für viele Konsumentinnen und Konsumenten ein ständiges Ärgernis. Man fühlt sich als Kunde zweiter Klasse behandelt, obwohl die Schweiz mitten in Europa liegt.

Viele Ratgeber geben oberflächliche Tipps wie „nutzen Sie ein VPN“. Doch die Realität ist komplexer. Die Händler sind kreativ darin, die neuen Gesetze zu umgehen, und die Kostenfallen lauern nicht nur beim Geoblocking, sondern auch beim Versand, bei der Verzollung und bei der Währungsumrechnung. Es entsteht der Eindruck eines undurchsichtigen Systems, das gezielt darauf ausgelegt ist, Schweizer Kaufkraft abzuschöpfen.

Aber was, wenn die wahre Lösung nicht darin besteht, einzelne Hürden zu überwinden, sondern das gesamte System „Schweiz-Zuschlag“ zu verstehen und strategisch auszuhebeln? Dieser Artikel verfolgt genau diesen kämpferischen Ansatz. Wir tauchen tief in die Mechanismen der Preisdiskriminierung ein und geben Ihnen eine ganzheitliche Strategie an die Hand. Es geht nicht nur darum, ein Schnäppchen zu machen, sondern darum, sich als Konsument sein Recht auf faire Preise zu erkämpfen.

Wir werden die legalen Grauzonen erkunden, die Fallstricke bei Zoll und Mehrwertsteuer aufdecken und Ihnen zeigen, wie Sie mit der richtigen Taktik bei jedem Schritt sparen können – vom Kauf der Software bis zur Reparatur Ihrer Geräte. Machen Sie sich bereit, die Kontrolle zurückzugewinnen.

Warum zahlen Sie für die gleiche Software in der Schweiz 30 % mehr als in Deutschland?

Es ist ein Paradox: Obwohl die Schweiz eine deutlich tiefere Mehrwertsteuer hat, sind die Endpreise für identische Produkte, insbesondere digitale Güter wie Software, oft massiv höher. Seit dem 1. Januar 2022 ist das ungerechtfertigte Geoblocking in der Schweiz zwar verboten. Das Gesetz (Art. 3a UWG) besagt klar, dass ein Händler einen Schweizer Kunden nicht allein aufgrund seiner Nationalität, seines Wohnsitzes oder seiner IP-Adresse preislich diskriminieren oder am Kauf hindern darf. Doch die Praxis zeigt, dass viele Unternehmen Wege finden, diese Regelung zu unterlaufen. Sie leiten Schweizer Kunden weiterhin automatisch auf teurere .ch-Websites um oder verhindern den Kauf mit einer Schweizer Kreditkarte.

Der Grund für diese Preisdifferenz liegt selten in echten Mehrkosten. Meistens ist es eine reine Strategie der Kaufkraftabschöpfung. Unternehmen analysieren, wie viel Kunden in einem bestimmten Markt zu zahlen bereit sind, und setzen die Preise entsprechend an. Die Schweiz gilt als Hochpreisinsel, und diese Wahrnehmung wird gnadenlos ausgenutzt. Dies geschieht, obwohl die Schweiz mit nur 8,1 % Mehrwertsteuer einen deutlichen steuerlichen Vorteil gegenüber dem EU-Durchschnitt von rund 21,5 % hat, der eigentlich zu tieferen Preisen führen müsste.

Doch es gibt Hoffnung: Verbrauchermacht wirkt. Eine Untersuchung des Konsumentenschutzes dokumentierte seit Inkrafttreten des Gesetzes über 600 Meldungen von Betroffenen. Firmen wie TUI und der Musikhändler Thomann wurden dabei überführt, Schweizer Kunden weiterhin auf teurere Seiten umzuleiten. Erst nach negativer Medienberichterstattung und dem öffentlichen Druck passten diese Unternehmen ihre Praktiken an. Das zeigt: Das Gesetz wirkt oft nicht direkt durch Klagen, sondern indirekt, indem es Konsumentenschützern und Medien die Grundlage gibt, unfaire Praktiken anzuprangern und öffentlichen Druck aufzubauen.

Als Konsument ist es daher entscheidend, wachsam zu bleiben, Verstösse zu melden und die im Folgenden beschriebenen technischen Mittel zu nutzen, um sich den fairen Preis zu sichern.

Wie nutzen Sie deutsche Lieferadressen legal, um Versandkosten zu sparen?

Eine der häufigsten Hürden beim Online-Shopping im EU-Raum ist nicht der Preis selbst, sondern der Verkäufer, der nicht in die Schweiz liefert. Hier kommen spezialisierte Dienstleister ins Spiel, die Ihnen eine legale Lieferadresse im benachbarten Ausland, meist Deutschland, zur Verfügung stellen. Das Prinzip ist einfach: Sie bestellen die Ware an diese deutsche Adresse und holen sie dann selbst ab oder lassen sie sich gegen eine Gebühr in die Schweiz weiterleiten. Dies ist vollkommen legal und eine etablierte Methode, um Liefersperren zu umgehen.

Diese Paketshops befinden sich strategisch günstig in Grenznähe und bieten verschiedene Service-Level an. Einige benachrichtigen Sie per SMS, sobald Ihr Paket da ist, andere bieten beheizte Lagerräume oder helfen bei der Verzollung. Die Gebühren pro Paket sind meist gering und liegen im einstelligen Euro-Bereich. Für alle, die regelmässig in der EU einkaufen oder grenznah wohnen, ist die einmalige Registrierung bei einem solchen Dienstleister eine der effektivsten Waffen gegen den „Schweiz-Zuschlag“.

Paketabholstation an der deutsch-schweizerischen Grenze mit wartenden Kunden

Die Wahl des richtigen Anbieters hängt von Ihren Bedürfnissen ab: Wie oft bestellen Sie? Wo wohnen Sie? Welche Zusatzleistungen sind Ihnen wichtig? Eine von SRF in Auftrag gegebene Analyse bietet einen guten Überblick über die wichtigsten Akteure und deren Konditionen.

Die folgende Tabelle, basierend auf einer Analyse von SRF zu Grenzpaket-Shops, vergleicht einige der bekanntesten Anbieter, um Ihnen die Entscheidung zu erleichtern.

Vergleich der wichtigsten Lieferadressen-Anbieter für Schweizer
Anbieter Standorte Paketgebühr Verzollung Besonderheiten
Grenzpaket 60+ Paketshops in DE/AT 2-8 EUR Ja, 1 Werktag SMS-Benachrichtigung, beheiztes Lager
MyPaketshop Konstanz, Waldshut 3-6 EUR Ja Kostenlose Registrierung
Mein Einkauf Verschiedene Grenzorte 2-5 EUR Ja Günstigste Option laut SRF-Test

Bedenken Sie jedoch, dass die Nutzung einer ausländischen Lieferadresse zollrechtliche Konsequenzen hat. Die Ware muss bei der Einfuhr in die Schweiz korrekt deklariert werden, was uns direkt zur nächsten komplexen Hürde führt.

Schweizer Recht oder EU-Recht: Welches gilt bei Rücksendungen an Amazon DE?

Sie haben erfolgreich im EU-Ausland bestellt, doch die Ware gefällt nicht oder ist defekt. Jetzt beginnt der Spiessrutenlauf der Retouren, denn hier treffen zwei Rechtssysteme aufeinander. Dieses Spannungsfeld ist eine der grössten Herausforderungen für Schweizer Konsumenten. André Bähler von der Stiftung für Konsumentenschutz fasst das Dilemma treffend zusammen:

Das deutsche Recht gilt für den Kaufvertrag selbst, das Schweizer Zollrecht jedoch für den Warenverkehr über die Grenze. Diese Trennung ist der Kern des Problems.

– André Bähler, Stiftung für Konsumentenschutz

Konkret bedeutet das: Für den Widerruf des Kaufs (z.B. innerhalb von 14 Tagen) gilt das EU-Recht, das dem Verkäufer (z.B. Amazon DE) unterliegt. Sie haben also das Recht, die Ware zurückzugeben. Aber für die Rückerstattung der bei der Einfuhr bezahlten Schweizer Mehrwertsteuer und der Verzollungsgebühren ist das Schweizer Zollrecht zuständig. Der deutsche Händler hat mit diesen Gebühren nichts zu tun und wird sie Ihnen auch nicht erstatten. Sie müssen diese aktiv beim Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) zurückfordern.

Dieser Prozess ist bürokratisch, aber machbar, wenn man die Schritte genau kennt. Ohne die korrekte Deklaration bei der Wiederausfuhr bleiben Sie auf den Importkosten sitzen, selbst wenn Sie den Kaufpreis vom Händler zurückerhalten. Dies kann ein Schnäppchen schnell in ein teures Ärgernis verwandeln. Daher ist es unerlässlich, den Prozess genau zu befolgen.

Ihr Plan zur Rückforderung der Mehrwertsteuer und Gebühren

  1. Retourenschein vom deutschen Händler anfordern und der Sendung beilegen.
  2. Beim BAZG eine Veranlagungsverfügung für die Einfuhr anfordern, um die bezahlten Abgaben nachzuweisen.
  3. Ware mit einem Ausfuhrnachweis (z.B. e-dec) versehen und bei der Ausfuhr am Schweizer Zoll abstempeln lassen.
  4. Die gestempelten Dokumente zusammen mit einem Rückerstattungsantrag an das BAZG senden.
  5. Auf die Rückerstattung der Schweizer Mehrwertsteuer (8,1 %) und der bezahlten Verzollungsgebühren warten.

Der Aufwand lohnt sich vor allem bei teureren Produkten, bei denen die zurückzufordernden Beträge signifikant sind. Bei Kleinbeträgen muss man den administrativen Aufwand gegen den finanziellen Nutzen abwägen.

Die Verzollungsgebühr der Post, die Ihr Schnäppchen zunichte macht

Sie haben alle Hürden gemeistert: Das Geoblocking umgangen, eine Lieferadresse gefunden und in Euro bezahlt. Doch dann kommt die böse Überraschung mit der Post: eine saftige Rechnung für die Verzollung, die den Preisvorteil zunichtemacht. Diese „Kostenfalle“ ist oft das grösste Ärgernis beim Einkauf im Ausland und besteht aus zwei Hauptkomponenten: der Schweizer Mehrwertsteuer und der Verzollungsgebühr des Transportunternehmens (z.B. der Post).

Die Mehrwertsteuer (MwSt.) von 8,1 % wird auf den Gesamtwert der Sendung (Warenwert + Versandkosten) erhoben. Eine Abgabenbefreiung gibt es nur, wenn der Steuerbetrag unter 5 CHF liegt, was einem Warenwert von ca. 62 CHF entspricht. Liegt der Wert auch nur einen Rappen darüber, wird die volle Steuer fällig. Zusätzlich zu dieser Steuer erhebt die Post oder der Kurierdienst eine sogenannte Postvorweisungstaxe oder Verzollungsgebühr. Diese deckt den administrativen Aufwand für die Zollanmeldung und beträgt schnell 16 bis 25 Franken oder mehr, je nach Wert und Anbieter.

Makroaufnahme von Schweizer Franken Münzen und verschwommenen Paketetiketten

Ein konkretes Rechenbeispiel verdeutlicht das Problem: Ein T-Shirt kostet 70 CHF, der Versand 15 CHF. Der Gesamtwert beträgt 85 CHF. Darauf fallen 8,1 % MwSt. (6.89 CHF) an. Da der Steuerbetrag über 5 CHF liegt, wird er erhoben. Hinzu kommt die Verzollungsgebühr von z.B. 20 CHF. Die Gesamtkosten belaufen sich somit auf 111.89 CHF. Die Gebühren machen in diesem Fall fast 45 % der ursprünglichen Kosten aus und haben das Schnäppchen in einen teuren Kauf verwandelt. Es ist diese Kombination aus Steuer und Gebühr, die viele Konsumenten frustriert.

Die einzige Strategie dagegen ist, entweder unter der Freigrenze zu bleiben oder die Kosten bewusst einzukalkulieren und nur dann zu bestellen, wenn der Preisvorteil auch nach Abzug aller Gebühren noch signifikant ist. Alternativ können Selbstverzoller, die ihre Ware an einer deutschen Lieferadresse abholen, die Einfuhr selbst am Zoll deklarieren und so die hohe Dienstleistungsgebühr der Post umgehen.

Wann sind die Wechselkurse für den Einkauf im Euro-Raum am günstigsten?

Die letzte grosse Kostenfalle im System „Schweiz-Zuschlag“ ist die Währungsumrechnung. Viele Konsumenten fokussieren sich auf den Produktpreis und die Versandkosten, übersehen aber, dass bei der Zahlung selbst bis zu 4 % des Kaufpreises verloren gehen können. Dies geschieht durch schlechte Wechselkurse und versteckte Gebühren, die von traditionellen Banken und Zahlungsdienstleistern wie PayPal erhoben werden.

Der entscheidende Fehler, den viele machen, ist die sogenannte Dynamic Currency Conversion (DCC). Dabei bietet Ihnen der ausländische Händler oder der Zahlungsanbieter an, direkt in Schweizer Franken (CHF) zu bezahlen. Das klingt bequem, ist aber eine teure Falle. Bei der DCC legt der Anbieter den Wechselkurs fest, der fast immer deutlich schlechter ist als der Ihrer Bank. Aufschläge von 3-4 % sind die Regel. Die goldene Regel lautet daher: Immer in der lokalen Währung (EUR) bezahlen!

Doch selbst dann gibt es grosse Unterschiede. Traditionelle Schweizer Kreditkarten verrechnen oft einen Aufschlag von 1-2 % auf den Interbankenkurs. Moderne Neobanken und Fintech-Lösungen wie Neon, Revolut oder Wise sind hier deutlich transparenter und günstiger. Sie bieten oft den echten Interbankenkurs (zumindest an Werktagen) und verlangen keine oder nur minimale Gebühren. Für Vielkäufer im EU-Raum ist die Nutzung einer solchen Karte ein absolutes Muss und ein einfacher Weg, mehrere Prozent pro Einkauf zu sparen.

Der Zeitpunkt des Kaufs kann ebenfalls eine Rolle spielen, da der EUR-CHF-Kurs schwankt. Grosse Zinsentscheide der Schweizerischen Nationalbank (SNB) oder der Europäischen Zentralbank (EZB) können den Kurs stark beeinflussen. Für grössere Anschaffungen kann es sich lohnen, den Kurs über ein paar Tage zu beobachten oder einen Kursalarm in einer App einzurichten.

Die folgende Tabelle, basierend auf einer Analyse von thepoorswiss.com, zeigt die Unterschiede bei gängigen Zahlungsmethoden auf.

Vergleich Schweizer Zahlungsmittel für EU-Einkäufe
Zahlungsmittel Wechselkursaufschlag Zusatzgebühren Empfehlung
Traditionelle Kreditkarten (UBS, PostFinance) 1-2% Teilweise Jahresgebühr Teuer für Auslandseinkäufe
Neon 0,35% auf Mastercard-Kurs Keine Sehr günstig
Revolut/Wise Interbank-Kurs (Mo-Fr) Keine bei Standardnutzung Beste Option für Vielkäufer
PayPal 3-4% Versteckte Währungsumrechnung Nur wenn unvermeidbar

Indem Sie die DCC-Falle meiden und eine moderne Zahlungskarte verwenden, schliessen Sie die letzte grosse Lücke in der Kostenfalle und stellen sicher, dass Ihr Schnäppchen auch auf dem Kontoauszug eines bleibt.

Warum darf Ihr Schweizer LKW keine Ladung von Hamburg nach München fahren?

Auf den ersten Blick scheint dieses Problem weit von Ihrem persönlichen Online-Einkauf entfernt zu sein. Doch das sogenannte Kabotageverbot ist ein wichtiges Puzzleteil im grossen Bild des Systems „Schweiz-Zuschlag“ und hat indirekte Auswirkungen auf die Preise, die Sie als Konsument zahlen. Kabotage bezeichnet Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes durch ein ausländisches Unternehmen. Das Landverkehrsabkommen zwischen der Schweiz und der EU verbietet dies grösstenteils.

Die „Taxi-Analogie“ macht das Prinzip einfach verständlich: Stellen Sie sich einen Schweizer Taxifahrer vor, der einen Kunden von Zürich nach Mailand fährt. In Mailand angekommen, darf er keinen neuen Fahrgast aufnehmen und beispielsweise nach Rom fahren. Er muss leer in die Schweiz zurückkehren, bevor er wieder einen neuen Auftrag annehmen kann. Genau das Gleiche gilt für einen Schweizer Lastwagen: Fährt er eine Ladung von Bern nach Hamburg, darf er in Hamburg keine neue Fracht aufnehmen und nach München transportieren. Er muss leer oder mit einer Ladung für die Schweiz oder ein Drittland zurückfahren.

Diese erzwungenen Leerfahrten sind ökologisch unsinnig und ökonomisch ineffizient. Sie erhöhen die Betriebskosten für Schweizer Speditionsunternehmen erheblich. Wie das „Swiss Online Marketing Magazin“ betont, werden diese zusätzlichen Kosten letztlich über die gesamte Lieferkette an die Konsumenten weitergegeben. Ein Produkt, das von einem Schweizer Unternehmen importiert und vertrieben wird, hat potenziell höhere Logistikkosten im Preis einkalkuliert, als es bei einem EU-Konkurrenten der Fall wäre.

Das Kabotageverbot ist somit ein Beispiel für eine politische und rechtliche Rahmenbedingung, die die Schweiz als Logistik- und Hochpreisinsel zementiert und indirekt dazu beiträgt, dass Sie als Endkunde mehr bezahlen.

Das Problem der teuren Ersatzteile, das Reparaturen unwirtschaftlich macht

Ein weiterer Aspekt, der Schweizer Konsumenten finanziell benachteiligt, ist der Markt für Ersatzteile. Oft ist es nicht der Kauf eines neuen Geräts, der am „Schweiz-Zuschlag“ leidet, sondern der Versuch, ein bestehendes Gerät zu reparieren. Hersteller nutzen ihre Monopolstellung bei spezifischen Ersatzteilen oft aus, um in der Schweiz unverhältnismässig hohe Preise zu verlangen. Dies führt dazu, dass eine Reparatur wirtschaftlich unsinnig wird und Konsumenten zum Neukauf gedrängt werden – ein Mechanismus, der eng mit dem Konzept der geplanten Obsoleszenz verbunden ist.

Das Problem ist frappant: Eine Untersuchung zeigt, dass Schweizer Konsumenten bei identischen Produkten teilweise 250 % mehr bezahlen als der niedrigste Preis im EU-Raum. Diese Preisdifferenzen sind bei Ersatzteilen oft noch extremer. Ein einfaches Plastikteil für eine Kaffeemaschine kann in der Schweiz 40 CHF kosten, während es im deutschen Online-Shop für 10 EUR erhältlich ist. Doch oft scheitert der Direktkauf wieder an den hohen Versandkosten oder einer Liefersperre.

Hier schliesst sich der Kreis zu den bereits besprochenen Strategien. Die bewusste Beschaffung von Ersatzteilen über den EU-Markt ist ein Akt des Widerstands gegen diese Preispolitik. Anstatt die Reparatur aufzugeben, können Sie aktiv werden:

  • Nutzen Sie EU-basierte Online-Shops wie eSpares für universelle Ersatzteile.
  • Konsultieren Sie Plattformen wie iFixit für detaillierte Reparaturanleitungen und das nötige Werkzeug.
  • Richten Sie eine grenznahe Lieferadresse ein, um die Teile günstig zu empfangen.
  • Besuchen Sie lokale Repair Cafés in der Schweiz, um Hilfe zur Selbsthilfe zu erhalten und vom Wissen anderer zu profitieren.

Indem Sie Reparaturen wieder möglich und wirtschaftlich machen, sparen Sie nicht nur Geld, sondern setzen auch ein starkes Zeichen gegen die Wegwerfkultur und für mehr Nachhaltigkeit.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das System „Schweiz-Zuschlag“ ist eine Kombination aus Geoblocking, hohen Versandkosten, Zollfallen und schlechten Wechselkursen.
  • Eine ganzheitliche Strategie mit VPN, deutscher Lieferadresse und smarten Zahlungsmitteln ist der Schlüssel zum Erfolg.
  • Verbrauchermacht ist real: Öffentlicher Druck und die konsequente Nutzung legaler Umgehungsstrategien zwingen Unternehmen zum Handeln.

Wie kämpfen Schweizer Konsumenten und Initiativen gegen geplante Obsoleszenz?

Der Kampf gegen überhöhte Preise und unfaire Praktiken endet nicht beim individuellen Einkauf. Er wird auch auf einer kollektiven Ebene geführt. Geplante Obsoleszenz – die absichtliche Verkürzung der Lebensdauer eines Produkts durch den Hersteller – und die damit verbundenen teuren Ersatzteile sind ein Schlachtfeld, auf dem Schweizer Konsumentenschutzorganisationen sehr aktiv sind. Sie als Konsument sind dabei nicht machtlos, sondern ein entscheidender Teil dieser Bewegung.

Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) und andere Organisationen sind auf die Meldungen von Betroffenen angewiesen, um Muster zu erkennen und gezielt gegen Hersteller vorzugehen. Die Erfolge im Kampf gegen Geoblocking zeigen, wie wirksam diese Methode ist: Die SKS dokumentierte Hunderte von Verstössen, die nach Medienberichten dazu führten, dass grosse Firmen wie TUI oder Kare ihre diskriminierenden Praktiken einstellten. Dieselbe Logik gilt für defekte Geräte. Wenn sich Meldungen über ein bestimmtes Produkt häufen, das kurz nach der Garantiezeit ausfällt, kann dies ein Indiz für geplante Obsoleszenz sein und gibt den Konsumentenschützern eine Grundlage für Untersuchungen und öffentlichen Druck.

Ihr Beitrag ist also entscheidend. Anstatt ein defektes Gerät resigniert zu entsorgen, sollten Sie den Fall systematisch dokumentieren und melden. Dies stärkt die Position aller Konsumenten. Wenn Sie den Verdacht haben, Opfer von geplanter Obsoleszenz geworden zu sein, folgen Sie einem klaren Plan:

  1. Fall dokumentieren: Machen Sie Fotos und Videos des Defekts, bewahren Sie den Kaufbeleg auf und beschreiben Sie den Fehler detailliert.
  2. Beschwerde einreichen: Melden Sie den Fall beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das eine offizielle Anlaufstelle dafür ist.
  3. Konsumentenschutz informieren: Kontaktieren Sie die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) oder das Konsumentenforum (kf) und schildern Sie Ihren Fall.
  4. Öffentlichkeit schaffen: Veröffentlichen Sie Ihren Fall in den Foren von Fachzeitschriften wie K-Tipp oder Beobachter, um andere zu warnen und Gleichgesinnte zu finden.
  5. Druck ausüben: Nutzen Sie Social Media, um den Hersteller direkt zu konfrontieren. Oft reagieren Unternehmen schnell auf öffentliche Kritik.

Der Kampf gegen unfaire Praktiken ist ein Marathon, kein Sprint. Ein entscheidender Schritt ist es, zu verstehen, wie man als Konsument aktiv werden kann.

Werden Sie Teil der Lösung. Jeder gemeldete Fall, jede geteilte Erfahrung und jede bewusste Kaufentscheidung ist ein Schlag gegen das System der Preisdiskriminierung und der Wegwerfkultur. Nutzen Sie Ihre Macht als Konsument, um für faire Preise und langlebige Produkte zu kämpfen.

Häufige Fragen zum Einkauf im EU-Raum

Was ist Dynamic Currency Conversion (DCC)?

DCC ist eine ‚Service‘ bei dem der Händler die Währungsumrechnung vornimmt statt Ihre Bank – zu deutlich schlechteren Kursen mit Aufschlägen von 3-10%.

Wie vermeide ich die DCC-Falle?

Wählen Sie IMMER die Zahlung in der lokalen Währung (EUR) und lehnen Sie die Umrechnung in CHF ab. Bei PayPal müssen Sie dies in den Einstellungen deaktivieren.

Welche Events beeinflussen den EUR-CHF-Kurs?

Zinsentscheide von SNB und EZB haben den größten Einfluss. Apps mit Kursalarmen helfen bei größeren Anschaffungen das Timing zu optimieren.

Geschrieben von Sophie Keller, Rechtsanwältin und Compliance-Spezialistin mit Fokus auf Wirtschaftsrecht und bilaterale Verträge Schweiz-EU. Expertin für Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht (WEKO) und regulatorische Fragen im grenzüberschreitenden Handel.