Veröffentlicht am Mai 17, 2024

Ihr Portfolio aus Schweizer Blue-Chips ist keine Festung, sondern ein systemisches Risiko, das Ihr gesamtes finanzielles Ökosystem – Job, Pensionskasse und Depot – gefährdet.

  • Das Festhalten an Schweizer Aktien aus Gewohnheit schafft ein gefährliches Klumpenrisiko, das oft übersehen wird.
  • Die Angst vor Währungsverlusten ist meist irrational und die Kosten für eine Absicherung fressen oft mehr Rendite auf, als sie schützen.

Empfehlung: Brechen Sie aus der „Betongold-Falle“ aus, indem Sie die psychologischen Barrieren erkennen und Ihr Vermögen durch kosteneffiziente, globale ETFs systematisch diversifizieren.

Ihr Depot ist ein Spiegelbild der Schweizer Wirtschaft: solide, verlässlich und auf die Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis konzentriert. Sie fühlen sich sicher. Diese Unternehmen kennen Sie, sie sind Teil der nationalen Identität und ihre Dividenden fliessen stetig. Finanzberater predigen seit Jahren die globale Diversifikation, doch die Angst vor Währungsschwankungen bei US-Aktien und die gefühlte Sicherheit heimischer Titel wiegen schwerer. Es ist die vertraute Umgebung, die trügerische Ruhe verspricht.

Doch was, wenn diese Sicherheit eine teure Illusion ist? Was, wenn Ihr Arbeitsplatz bei einem Schweizer Unternehmen, Ihre Pensionskasse – die ebenfalls stark in den Heimmarkt investiert – und Ihr privates Depot ein einziges, grosses Klumpenrisiko bilden? Dieses Phänomen, der sogenannte „Home Bias“, ist mehr als nur eine suboptimale Anlagestrategie. Es ist eine psychologische Falle, die Ihr gesamtes Vermögens-Ökosystem an das Schicksal einer einzigen, kleinen Volkswirtschaft kettet und Sie nachweislich Tausende von Franken an potenzieller Rendite kostet.

Die wahre Diversifikation beginnt nicht mit dem Kauf eines ausländischen Titels, sondern mit dem Überwinden der mentalen Hürden, die Sie im helvetischen Mikrokosmos gefangen halten. In diesem Artikel sezieren wir die psychologischen Fallen des Home Bias, entlarven den Mythos der Währungsrisiken und zeigen Ihnen einen pragmatischen Weg auf, wie Sie Ihr Vermögen global robust aufstellen, ohne dabei auf die Steuervorteile der Schweiz verzichten zu müssen.

Die folgenden Abschnitte führen Sie Schritt für Schritt durch die Analyse der Risiken und die konkreten Lösungen, um Ihr Portfolio zukunftssicher zu machen.

Inhaltsverzeichnis: Warum kostet der „Home Bias“ Schweizer Anleger jährlich Tausende an Rendite?

Warum ist Ihr Arbeitsplatz, Ihre Pensionskasse und Ihr Aktiendepot ein gefährliches Klumpenrisiko?

Das Konzept des Klumpenrisikos wird oft auf ein Portfolio reduziert, das zu stark auf eine einzelne Aktie oder Branche konzentriert ist. Doch für Schweizer Anleger ist die Gefahr weitaus systemischer. Ihr gesamtes finanzielles Ökosystem – Ihr Einkommen, Ihre Altersvorsorge und Ihre privaten Anlagen – ist oft an das Wohl und Wehe des Schweizer Marktes gekoppelt. Sie arbeiten für ein Schweizer Unternehmen, Ihre Pensionskasse ist gesetzlich und kulturell bedingt übergewichtet in Schweizer Titeln, und Ihr privates Depot spiegelt dieselbe heimatliche Präferenz wider. Fällt ein Dominostein, wackelt die ganze Reihe.

Diese Konzentration ist keine Seltenheit, sondern die Norm. Eine aktuelle Analyse zeigt, dass Schweizer Pensionskassen durchschnittlich 30,8% ihrer Aktienanlagen in Schweizer Titel investieren, obwohl die Schweiz nur rund 2,5% der globalen Marktkapitalisierung ausmacht. Diese Übergewichtung ist massiv. Die PPCMetrics-Studie 2024 untermauert dies: Nestlé allein hat mit 4,3% die höchste Gewichtung in den Portfolios der Pensionskassen. Zusammen mit Roche und Novartis besteht oft ein Viertel des Aktienportfolios aus nur drei Unternehmen. Ihr „sicheres“ NRN-Depot ist also nur ein Echo dessen, was Ihre Pensionskasse bereits tut – Sie verdoppeln das Risiko, anstatt es zu streuen.

Die psychologische Falle hierbei ist die „Betongold-Illusion“: die Überzeugung, dass das, was man kennt und täglich sieht, per se sicherer ist. In Wahrheit ist es eine Konzentration auf einen einzigen, hoch korrelierten Wirtschaftsraum. Eine branchenspezifische Krise in der Pharma- oder Finanzindustrie würde nicht nur die Aktienkurse treffen, sondern potenziell auch Ihren Arbeitsplatz und den Wert Ihrer Pensionskassen-Ansprüche. Echte Sicherheit entsteht nicht durch Vertrautheit, sondern durch Entkoppelung und globale Streuung.

Wie überwinden Sie die Angst vor Währungsverlusten bei US-Aktien?

Für viele Schweizer Anleger ist die grösste Hürde für eine globale Diversifikation der „Währungs-Mythos“: die tief sitzende Angst, dass ein starker Franken die in US-Dollar oder Euro erzielten Gewinne auffrisst. Diese Angst ist verständlich, aber oft irrational überbewertet und führt zu teuren Fehlentscheidungen. Die gängige „Lösung“ – währungsgesicherte (gehedgte) ETFs – klingt verlockend, ist aber in der Praxis oft ein Renditefresser. Die Absicherung ist nicht gratis. Im Gegenteil, laut Finanzexperten kostet die Währungsabsicherung von USD zu CHF derzeit rund 1,89% pro Jahr. Diese Kosten werden direkt von Ihrer Performance abgezogen, Jahr für Jahr.

Visueller Vergleich zwischen Schweizer Franken und US-Dollar Währungsschwankungen

Die historische Performance zeigt, dass diese Kosten den potenziellen Nutzen oft übersteigen. Währungen schwanken langfristig um einen Mittelwert. Mal wertet der Dollar auf, mal der Franken. Wer langfristig investiert ist, für den gleichen sich diese Schwankungen tendenziell aus. Kurzfristig kann ein starker Franken schmerzen, aber langfristig fressen die permanenten Hedging-Kosten die Rendite auf. Dies wird besonders deutlich, wenn man die Performance von gesicherten und ungesicherten ETFs direkt vergleicht.

Die folgende Tabelle zeigt den fundamentalen Unterschied in der langfristigen Rendite zwischen einem globalen ETF ohne Währungsabsicherung und seiner gehedgten Variante. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache und entlarven die wahren Kosten der vermeintlichen Sicherheit.

Performance-Vergleich: Gehedgte vs. Ungehedgte ETFs
ETF-Typ 10-Jahres-Rendite (CHF) Kosten (TER) Währungsrisiko
MSCI World (ungehedgt) 9,6% p.a. 0,20% Vorhanden
MSCI World CHF Hedged 8,1% p.a. 0,55% Minimiert
Differenz -1,5% p.a. +0,35%

Die rationale Entscheidung für einen langfristigen Anleger ist daher meist, das Währungsrisiko bei Aktienanlagen zu akzeptieren. Betrachten Sie es als Teil der globalen Diversifikation. Anstatt teuer abzusichern, sollten Sie die eingesparten Kosten als zusätzlichen Rendite-Booster für Ihr Portfolio sehen. Die Angst vor dem Währungsrisiko ist ein psychologisches Hindernis, kein unüberwindbares finanzielles Problem.

ETF oder Einzeltitel: Wie diversifizieren Sie global, ohne Währungsabsicherung zu zahlen?

Sobald die mentale Hürde des Währungsrisikos genommen ist, stellt sich die Frage der praktischen Umsetzung. Die Antwort für 99% der Privatanleger lautet: Exchange Traded Funds (ETFs). Der Versuch, ein globales Portfolio aus Einzeltiteln nachzubauen, ist extrem aufwendig, teuer und führt fast zwangsläufig wieder zu einem Klumpenrisiko, weil man dazu neigt, nur die bekanntesten Namen wie Apple oder Microsoft zu kaufen. Ein breit gestreuter Welt-ETF löst dieses Problem auf einen Schlag. Er bietet Zugang zu Tausenden von Unternehmen weltweit und das zu minimalen Kosten.

Für Schweizer Anleger ist die Wahl des richtigen ETF-Domizils entscheidend für die Steuer- und Kosteneffizienz. Die Faustregel ist einfach: Für Schweizer Aktien einen ETF mit Domizil Schweiz wählen, um die Verrechnungssteuer optimal zu handhaben. Für globale oder US-Aktien sind ETFs mit Domizil Irland die erste Wahl. Irische ETFs profitieren von einem Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA, das die Quellensteuer auf US-Dividenden von 30% auf 15% reduziert – ein Vorteil, den ETFs mit Domizil Luxemburg oder Schweiz nicht haben.

Die Kosten sind ein weiterer entscheidender Faktor. Während aktiv gemanagte Fonds oft 1.5% oder mehr pro Jahr kosten, liegt die Gesamtkostenquote (TER) für Schweiz-ETFs zwischen 0,15% und 0,51%. Bei globalen ETFs finden Sie exzellente Produkte oft schon für unter 0,2%. Diese Kostendisziplin hat über die Jahre einen massiven Einfluss auf Ihren Vermögensaufbau. Die folgende Checkliste hilft Ihnen, die richtigen ETFs für Ihr globales Portfolio systematisch auszuwählen.

Ihr Plan zur ETF-Auswahl für ein globales Portfolio

  1. Fondsdomizil prüfen: Wählen Sie ETFs mit Domizil Schweiz für Schweizer Aktien und Irland für US- und Welt-Aktien, um die Quellensteuern zu optimieren.
  2. Diversifikation sicherstellen: Der ETF sollte mindestens in 100 verschiedene Titel investieren; bei einem Welt-ETF sind es oft über 1.500.
  3. Fondsvolumen bewerten: Bevorzugen Sie ETFs mit einem Volumen von über 100 Millionen CHF, um eine gute Liquidität und Stabilität zu gewährleisten.
  4. Kosten (TER) vergleichen: Ihre Gesamtkostenquote sollte idealerweise unter 0,5%, bei breiten Markt-ETFs sogar unter 0,25% liegen.
  5. Replikationsmethode verstehen: Physisch replizierende ETFs, die die Aktien tatsächlich kaufen, sind für die meisten Anleger transparenter und einfacher zu verstehen als synthetische Swaps.

Der Irrglaube vom „perfekten Einstiegszeitpunkt“, der Sie seit 5 Jahren Rendite kostet

Eine weitere psychologische Falle, die Anleger Tausende an Rendite kostet, ist die Jagd nach dem perfekten Einstiegszeitpunkt. Man wartet auf den nächsten Crash, auf eine „bessere“ Bewertung oder auf ein klares Signal, das nie kommt. Währenddessen ziehen die Märkte weiter, und die grössten Verluste entstehen durch die Gewinne, an denen man nicht partizipiert hat. Ironischerweise wird der Home Bias oft mit dem Argument verteidigt, dass der Schweizer Markt „besser gelaufen“ sei. Eine Raiffeisen-Studie schien dies 2021 zu bestätigen, was zu einer provokanten Schlussfolgerung führte.

Je breiter man seine Investitionen über den Globus verteilt, desto besser ist man vor Krisen in einzelnen Märkten geschützt. Das klingt logisch. Und ist falsch.

– Raiffeisen Schweiz, Studie ‚Die Schweiz ist Trumpf‘ 2021

Diese Aussage ist verlockend, aber gefährlich kurzsichtig. Sie basiert auf einer Rückwärtsbetrachtung eines spezifischen Zeitraums (2008-2021), in dem der Schweizer Markt tatsächlich stark war. Die Studie zeigte, dass ein heimisches Portfolio (50/50 Aktien/Anleihen) 64% zulegte, während ein globales nur 58% erreichte. Doch diese Argumentation übersieht zwei entscheidende Punkte: Erstens ist die vergangene Performance keine Garantie für die Zukunft. Zweitens, und das ist der Kernpunkt, haben Anleger, die aus Angst vor dem „falschen“ Zeitpunkt an der Seitenlinie standen, von keiner dieser Renditen profitiert. Sie haben 100% der Gewinne verpasst, während sie auf den perfekten Moment warteten.

Der Grundsatz „Time in the market beats timing the market“ (Zeit im Markt schlägt das Timing des Marktes) ist keine Floskel, sondern eine finanzielle Realität. Die beste Strategie ist ein systematischer, disziplinierter Ansatz, wie z.B. ein monatlicher Sparplan in einen globalen ETF. Dies neutralisiert das Timing-Risiko, da Sie sowohl in hohen als auch in tiefen Marktphasen kaufen und so einen günstigen Durchschnittspreis erzielen. Das Warten auf den perfekten Moment ist eine Wette, die fast immer verloren geht. Der perfekte Zeitpunkt zu investieren war vor 10 Jahren. Der zweitbeste ist heute.

Wann sind steuerfreie Kapitalgewinne besser als hohe Dividenden?

Ein Hauptgrund für die Beliebtheit von Schweizer Blue-Chip-Aktien wie Nestlé, Roche oder Novartis ist ihre verlässliche und hohe Dividendenausschüttung. Dividenden fühlen sich gut an – es ist wie ein Gehalt, das vom Portfolio generiert wird. Doch aus steuerlicher Sicht sind sie für Schweizer Privatanleger im Aufbauvermögen oft die ineffizientere Form der Rendite. Dividenden unterliegen der Einkommenssteuer, was je nach Kanton und Einkommen einen erheblichen Teil der Ausschüttung wieder zunichtemacht.

Visuelle Darstellung der Steuervorteile bei Kapitalgewinnen gegenüber Dividenden in der Schweiz

Im Gegensatz dazu sind Kapitalgewinne aus dem Verkauf von Aktien oder ETF-Anteilen, die im Privatvermögen gehalten werden, in der Schweiz steuerfrei. Dies ist einer der grössten strukturellen Vorteile des Schweizer Steuersystems für Anleger. Anstatt sich auf hohe Dividenden zu konzentrieren, ist es oft weitaus lukrativer, in Wachstumsunternehmen oder thesaurierende (wiederanlegende) ETFs zu investieren. Diese schütten keine Dividenden aus, sondern reinvestieren die Gewinne direkt wieder ins Fondsvermögen. Der Wert Ihrer Anteile steigt, und diese Wertsteigerung können Sie eines Tages komplett steuerfrei realisieren.

Der Home Bias, mit seinem Fokus auf dividendenstarke Schweizer Titel, lässt diesen massiven Steuervorteil oft ungenutzt. Man opfert potenziell höhere, steuerfreie Kapitalgewinne aus globalen Wachstumsmärkten für niedrigere, aber steuerpflichtige Dividenden aus dem Heimmarkt. Die langfristigen Kosten dieser Entscheidung sind enorm. Eine Studie schätzt, dass die hypothetischen Kosten des Home Bias über 10 Jahre zwischen 11 und 35,90 CHF pro 100 CHF Investment betragen können. Ein grosser Teil davon ist auf verpasste, steuerfreie Wachstums-Chancen zurückzuführen.

Die strategische Entscheidung sollte also lauten: Dividenden zur Deckung laufender Kosten im Alter, aber Kapitalwachstum für den langfristigen Vermögensaufbau. Thesaurierende globale ETFs sind hierfür das ideale Instrument.

Warum frisst der Wechselkurs 20 % Ihres Gewinns, wenn Sie nicht hedgen?

Diese Frage ist bewusst provokant gestellt, denn sie spiegelt die grösste Furcht der Schweizer Anleger wider. Die Realität ist jedoch nuancierter. Wie wir gesehen haben, ist eine permanente Absicherung (Hedging) bei Aktienanlagen oft kontraproduktiv. Doch wann macht Hedging Sinn, und wie gehen professionelle Anleger damit um? Ein Blick auf die Pensionskassen zeigt, dass selbst die Profis nicht alles absichern. Typischerweise sichern Schweizer Pensionskassen nur zwischen 10-25% ihres Fremdwährungsengagements ab. Warum so wenig?

Die Antwort liegt in der Unterscheidung der Anlageklassen. Bei Obligationen mit ihren geringen und relativ stabilen Renditeerwartungen kann eine Währungsschwankung die gesamte Jahresrendite auslöschen. Hier ist eine Absicherung oft sinnvoll. Bei Aktien hingegen sind die erwarteten Renditen und die Volatilität viel höher. Eine Währungsschwankung von 5% fällt bei einer Aktienmarktrendite von 15% weniger ins Gewicht. Experten bestätigen diese differenzierte Sichtweise.

Bei Obligationen macht es Sinn, das Fremdwährungsrisiko grundsätzlich und umfassend abzusichern. Bei Aktien gehen die Meinungen auseinander.

– clevercircles, Währungsrisiko-Analyse 2024

Langfristig betrachtet haben Aktien eine Art „eingebauten Inflationsschutz“. Ein Unternehmen wie Coca-Cola oder Microsoft agiert global. Wenn der US-Dollar gegenüber dem Euro oder Franken an Wert verliert, steigen oft die Einnahmen dieser Unternehmen in den entsprechenden Auslandsmärkten, was den Währungseffekt auf den Aktienkurs teilweise kompensiert. Ein Währungsrisiko ist also nicht einfach ein Nullsummenspiel. Es ist ein integraler Bestandteil des globalen Investierens.

Anstatt also 20% des Gewinns durch den Wechselkurs zu verlieren, ist es wahrscheinlicher, dass Sie über einen langen Zeitraum 1-2% Rendite pro Jahr an unnötige Hedging-Kosten verlieren. Die Frage sollte nicht lauten „Wie vermeide ich jegliches Währungsrisiko?“, sondern „Wie baue ich ein Portfolio auf, das so robust ist, dass es Währungsschwankungen aushalten kann?“. Die Antwort bleibt dieselbe: breite, globale Diversifikation.

Kanton Zürich oder Luzern: Wo ist das Gesamtpaket für Holdings heute besser?

Auf den ersten Blick scheint diese Frage nichts mit Ihrem privaten Portfolio zu tun zu haben. Doch die dahinterliegende Logik ist dieselbe. Ein Unternehmen wählt seinen Standort nicht aus reiner Heimatliebe, sondern auf Basis einer rationalen Analyse von Faktoren wie Steuerbelastung, politischer Stabilität und Zugang zu Talenten. Es optimiert seinen Standort für maximalen Erfolg. Genau dieselbe rationale Denkweise sollten Sie auf Ihr Anlageuniversum anwenden. Die Wahl Ihres Anlagefokus ist wie die Wahl eines Standorts: Emotionen und Gewohnheit sind schlechte Ratgeber.

Am Heimmarkt Schweiz festzuhalten, nur weil er vertraut ist, ist wie ein Unternehmen, das aus Gewohnheit in einem Hochsteuerkanton bleibt, obwohl ein anderer Kanton bessere Bedingungen bietet. Die Finanzmärkte bieten Ihnen eine globale Auswahl an „Standorten“. Die Performance-Daten der letzten zehn Jahre zeigen deutlich, welcher „Standort“ für Wachstumsinvestoren der profitablere war. Eine Investition von 100 CHF in den MSCI World erreichte nach 10 Jahren einen Wert von 237,40 CHF. Dieselbe Investition in den Schweizer SPI kam im gleichen Zeitraum nur auf 175,90 CHF. Das ist eine massive Underperformance von über 60 CHF pro investiertem Hunderter.

Sich auf den Schweizer Markt zu beschränken, bedeutet, auf das Wachstumspotenzial von Tausenden von innovativen Unternehmen in den USA, Europa und Asien zu verzichten. Es bedeutet, sich bewusst für den kleineren, langsamer wachsenden „Standort“ zu entscheiden. Während die Schweiz in vielen Bereichen exzellent ist, ist ihr Aktienmarkt im globalen Kontext klein und hochkonzentriert auf defensive Sektoren. Für ein dynamisches Wachstum Ihres Vermögens ist ein globaler Fokus unerlässlich.

Die Frage ist also nicht, ob Zürich oder Luzern besser ist, sondern ob die Schweiz als alleiniger „Anlagestandort“ für Ihr gesamtes Vermögen ausreicht. Die Antwort ist ein klares Nein. Ein intelligenter Investor agiert wie ein guter CEO: Er sucht sich global die besten Opportunitäten und diversifiziert seine Standbeine, um nicht von einem einzigen Markt abhängig zu sein.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ihr „sicheres“ Schweizer Portfolio ist ein Klumpenrisiko, das Job, Pensionskasse und Depot an eine einzige, kleine Volkswirtschaft bindet.
  • Die Angst vor Währungsverlusten ist oft irrational; die Kosten für eine Absicherung fressen langfristig mehr Rendite, als sie schützen.
  • Globale Diversifikation über kosteneffiziente, thesaurierende ETFs (Domizil Irland) ist der Schlüssel zur Nutzung steuerfreier Kapitalgewinne.

Wie unterscheiden Sie echtes Impact Investing von blossem ESG-Marketing in der Schweiz?

Nachdem die Notwendigkeit einer globalen Diversifikation klar ist, wenden sich viele Anleger nachhaltigen Anlagen zu, oft unter dem Schlagwort ESG (Environmental, Social, Governance). Doch hier lauert die nächste Falle: Greenwashing. Viele Finanzprodukte schmücken sich mit einem ESG-Label, ohne eine messbare, positive Wirkung zu erzielen. Sie investieren oft in dieselben grossen Konzerne wie herkömmliche Fonds, schliessen nur die „schlimmsten“ Sünder aus. Das ist Marketing, kein Impact.

Echtes Impact Investing geht einen Schritt weiter: Es zielt darauf ab, neben einer finanziellen Rendite auch eine positive und messbare soziale oder ökologische Wirkung zu erzielen. Der Fokus liegt auf Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen aktiv zur Lösung von Problemen wie dem Klimawandel, Wasserknappheit oder Bildungsdefiziten beitragen. Um echtes Engagement von blossem Marketing zu unterscheiden, müssen Sie kritische Fragen stellen: Misst der Fonds seine Wirkung? Gibt es transparente Berichte über die erzielten Ergebnisse (z.B. eingesparte CO2-Tonnen)?

Die Realität in der Schweiz zeigt eine grosse Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Eine Studie aus dem Jahr 2024 zeigt, dass nur ein Drittel der Schweizer Pensionskassen die CO2-Emissionen ihres Portfolios misst. Noch ernüchternder: Nur 14% aller Kassen haben konkrete CO2-Reduktionsziele definiert. Dies belegt, dass selbst bei grossen institutionellen Anlegern das ESG-Label oft nur eine oberflächliche Übung ist. Als Privatanleger müssen Sie daher besonders wachsam sein. Suchen Sie nach spezialisierten Impact-Fonds, die ihre Methodik und ihre Ergebnisse transparent offenlegen. Ein einfacher „ESG Screened“ ETF ist selten eine echte Impact-Anlage.

Die Entscheidung für globales Investieren schliesst verantwortungsvolles Handeln nicht aus – im Gegenteil. Es eröffnet Ihnen die Möglichkeit, gezielt in die innovativsten Unternehmen weltweit zu investieren, die an den Lösungen für die grössten Herausforderungen unserer Zeit arbeiten. Aber es erfordert die gleiche rationale Analyse und das Misstrauen gegenüber einfachen Versprechungen, die auch für die Überwindung des Home Bias notwendig sind.

Um Ihr Kapital wirklich wirkungsvoll einzusetzen, ist es unerlässlich, die Spreu vom Weizen zu trennen und die Kriterien für echtes Impact Investing von oberflächlichem ESG-Marketing zu unterscheiden.

Der erste Schritt aus der „Betongold-Falle“ ist eine ehrliche Analyse Ihres persönlichen Klumpenrisikos. Bewerten Sie noch heute, wie stark Ihr gesamtes Vermögens-Ökosystem vom Schweizer Markt abhängt, und definieren Sie eine Strategie für echte, globale Diversifikation. Beginnen Sie jetzt damit, Ihr Portfolio auf ein solides, globales Fundament zu stellen.

Geschrieben von Beat Hürlimann, Eidgenössisch diplomierter Treuhandexperte und Unternehmensberater mit über 25 Jahren Erfahrung in der Finanzberatung für Schweizer KMU. Spezialisiert auf Steueroptimierung, Währungsabsicherung und Nachfolgeregelungen.