Veröffentlicht am Mai 15, 2024

Zusammenfassend:

  • Die neue staatliche E-ID, die 2026 eingeführt wird, ist freiwillig und für Bürger kostenlos.
  • Sie basiert auf dem Prinzip der „Self-Sovereign Identity“ (SSI), bei dem Sie die volle Kontrolle über Ihre Daten auf Ihrem Smartphone behalten.
  • Prozesse wie eine Kontoeröffnung oder der Kauf altersbeschränkter Produkte werden von Tagen auf wenige Minuten verkürzt.
  • Die E-ID ist nicht nur ein digitaler Ausweis, sondern eine staatlich garantierte Vertrauensinfrastruktur, die Datensouveränität für Bürger und Unternehmen schafft.

Nach dem Scheitern des privatwirtschaftlich geprägten E-ID-Gesetzes in der Volksabstimmung 2021 hat die Schweiz einen Neustart gewagt. Das Ergebnis ist eine staatlich herausgegebene, elektronische Identität (E-ID), die ab 2026 für alle Bürgerinnen und Bürger verfügbar sein wird. Viele hoffen auf das Ende mühsamer Behördengänge und Papierkram. Doch die neue E-ID verspricht weit mehr als nur eine digitale Kopie des Passes oder der Identitätskarte. Sie ist der Grundstein für eine komplett neue digitale Vertrauensinfrastruktur, die auf den Prinzipien der Datensicherheit und der Nutzerkontrolle aufbaut.

Im Kern steht ein Paradigmenwechsel: weg von zentralen Datenbanken, hin zur dezentralen Datenspeicherung direkt auf Ihrem Smartphone. Dieses Konzept, bekannt als Self-Sovereign Identity (SSI), gibt Ihnen die alleinige Hoheit über Ihre persönlichen Informationen. Die E-ID ist dabei freiwillig und die neue Vorlage garantiert die kostenlose Ausstellung der E-ID für alle Privatpersonen. Doch was bedeutet dieser technologische Wandel konkret für Ihren Alltag? Wie sicher ist das neue System wirklich, und welche Chancen ergeben sich für Schweizer Unternehmen? Dieser Artikel beleuchtet die entscheidenden Aspekte der kommenden E-ID und zeigt, wie sie die digitale Landschaft der Schweiz nachhaltig verändern wird.

Um Ihnen einen umfassenden Überblick zu geben, haben wir die wichtigsten Fragen und Aspekte der neuen E-ID in den folgenden Abschnitten detailliert für Sie aufbereitet. So verstehen Sie nicht nur die Technologie, sondern auch die praktischen Auswirkungen auf Ihr Leben.

Warum ist die neue E-ID sicherer als das gescheiterte Privatisierungsmodell?

Die Ablehnung des ersten E-ID-Gesetzes 2021 war ein klares Misstrauensvotum gegen die vorgesehene Beteiligung privater Unternehmen an der Ausstellung von Identitäten. Der neue, rein staatliche Ansatz adressiert diese Bedenken grundlegend und baut auf einem Sicherheitskonzept auf, das international als „Self-Sovereign Identity“ (SSI) bekannt ist. Der entscheidende Unterschied: Ihre Daten werden nicht mehr in einer zentralen Datenbank beim Bund oder einem Unternehmen gespeichert, sondern verbleiben ausschliesslich verschlüsselt auf Ihrem eigenen Smartphone. Sie allein entscheiden, welche Informationen (sogenannte „Attribute“) Sie für eine bestimmte Transaktion freigeben.

Diese Architektur, die mit einer überwältigenden parlamentarischen Mehrheit von 170 zu 25 Stimmen im Nationalrat verabschiedet wurde, minimiert das Risiko von grossflächigen Datenlecks massiv. Selbst wenn die staatliche Infrastruktur angegriffen würde, gäbe es keine zentrale Sammlung von Bürgerdaten zu stehlen. Dieses Prinzip der Datensparsamkeit ist ein Kernversprechen des neuen Systems. Der Bundesrat formulierte es treffend:

Der Datenschutz soll durch das System selbst (Privacy by Design), durch die Minimierung der nötigen Datenflüsse (Prinzip der Datensparsamkeit) sowie eine dezentrale Datenspeicherung gewährleistet werden.

– Bundesrat, Medienmitteilung zur E-ID

Statt Ihren gesamten Ausweis digital vorzuzeigen, übermitteln Sie nur die explizit angeforderten Informationen. Ein Online-Shop, der eine Altersverifikation benötigt, erhält lediglich die Bestätigung „über 18 Jahre alt“, nicht aber Ihr Geburtsdatum oder Ihre Adresse. Diese technisch verankerte Datensparsamkeit und die volle Kontrolle durch den Nutzer sind die Hauptgründe, warum die neue staatliche E-ID ein fundamental höheres Sicherheitsniveau als das Vorgängermodell bietet.

Wie eröffnen Sie ein Bankkonto in 5 Minuten mit der neuen digitalen Identität?

Einer der spürbarsten Vorteile der neuen E-ID wird die drastische Beschleunigung von Prozessen sein, die heute noch umständlich und zeitaufwendig sind. Das beste Beispiel dafür ist die Eröffnung eines neuen Bankkontos. Was heute oft mehrere Tage dauert und einen Gang zur Post oder ein langwieriges Video-Ident-Verfahren erfordert, schrumpft mit der E-ID zu einem Prozess von wenigen Minuten zusammen. Die Identifikation erfolgt durch einen einfachen Scan eines QR-Codes und die Bestätigung in Ihrer E-ID-App.

Hand hält Smartphone in moderner Schweizer Bankfiliale mit verschwommenem Hintergrund

Anstatt alle persönlichen Daten manuell in ein Formular einzutippen, erlauben Sie der Bank, die benötigten, staatlich verifizierten Attribute direkt aus Ihrer E-ID abzufragen. Name, Adresse, Geburtsdatum – all diese Informationen sind bereits beglaubigt und müssen nicht erneut geprüft werden. Das mühsame Hochladen von Ausweiskopien und das Warten auf manuelle Freigaben entfallen vollständig. Die gesamte Identitätsprüfung wird automatisiert und rechtssicher abgewickelt.

Die folgende Tabelle verdeutlicht die massive Effizienzsteigerung, wie sie von Experten erwartet wird. Sie vergleicht den heutigen Standardprozess mit dem zukünftigen Vorgehen unter Nutzung der staatlichen E-ID, basierend auf einer Analyse digitaler Geschäftsprozesse.

Zeitersparnis bei Kontoeröffnung: Heute vs. mit E-ID
Prozessschritt Heutiger Prozess Mit E-ID (ab 2026)
Identifikation Video-Ident oder Gang zur Post (mehrere Tage) QR-Code-Scan (Sekunden)
Datenübermittlung Manuelle Eingabe aller Daten Automatische Übertragung verifizierter Attribute
Verifikation Ausweis-Scan + Selfie-Video E-ID-Authentifizierung via App
Gesamtdauer 2-5 Werktage 5 Minuten

Diese Beschleunigung gilt nicht nur für Banken. Dieselbe Logik wird auch beim Abschluss eines Mobilfunkvertrags, bei der Anmietung eines Autos oder bei der Registrierung für E-Voting-Dienste zum Tragen kommen. Die E-ID wird zur universellen Schnittstelle für alle digitalen Interaktionen, die einen sicheren und verlässlichen Identitätsnachweis erfordern.

Der Zugang zur digitalen Verwaltung, der ältere Menschen ohne Smartphone ausschliesst

Die Fokussierung auf das Smartphone als zentrales Instrument für die E-ID wirft eine wichtige soziale Frage auf: Was geschieht mit denjenigen, die kein Smartphone besitzen oder sich mit der digitalen Welt schwertun, insbesondere ältere Menschen? Die Sorge vor einer digitalen Spaltung ist berechtigt und muss von den Behörden ernst genommen werden. Es ist essenziell, dass der digitale Fortschritt niemanden zurücklässt und alternative, nicht-digitale Wege für den Zugang zu Verwaltungsleistungen weiterhin bestehen bleiben.

Gleichzeitig zeichnen Studien ein differenzierteres Bild der digitalen Kompetenz bei Senioren. Entgegen der landläufigen Meinung sind ältere Menschen in der Schweiz digital durchaus aktiv. Laut der Studie „Digital Seniors“ von Pro Senectute nutzen bereits heute fast 90% der über 65-Jährigen das Internet. Die Herausforderung liegt oft weniger in der generellen Ablehnung der Technologie als vielmehr in der spezifischen Handhabung von Apps und Sicherheitsfeatures. Hier setzen zahlreiche Initiativen an, um die digitale Inklusion aktiv zu fördern.

Fallbeispiel: Die Computeria-Kurse von Pro Senectute

Organisationen wie Pro Senectute spielen eine entscheidende Rolle bei der Überbrückung der digitalen Kluft. Mit Angeboten wie den „Computeria“-Kursen werden Seniorinnen und Senioren gezielt im Umgang mit Computern, Tablets und Smartphones geschult. In der Ostschweiz beispielsweise werden seit über zwanzig Jahren Kurse und Workshops zu aktuellen Themen wie Online-Banking, Social Media oder eben auch der sicheren Nutzung digitaler Identitäten angeboten. Diese Initiativen stärken nicht nur die technischen Fähigkeiten, sondern auch das Vertrauen in die neuen Technologien und fördern so die gesellschaftliche Teilhabe.

Für die erfolgreiche Einführung der E-ID bedeutet dies, dass ein dualer Ansatz verfolgt werden muss: Einerseits müssen die digitalen Angebote so nutzerfreundlich und sicher wie möglich gestaltet werden. Andererseits müssen der klassische Schalter am Gemeindeamt oder der telefonische Kontakt als gleichwertige Alternativen erhalten bleiben. Der Bund plant zudem Lösungen für Personen ohne Smartphone, beispielsweise über spezielle Kartenlesegeräte, auch wenn Details dazu noch ausgearbeitet werden.

Was müssen Schweizer Webshops tun, um den E-ID-Login zu akzeptieren?

Für Schweizer Unternehmen, insbesondere für KMU und Webshops, stellt die E-ID eine grosse Chance dar. Sie ermöglicht nicht nur eine rechtssichere Altersverifikation beim Verkauf von Alkohol oder Tabak, sondern vereinfacht auch den gesamten Anmeldeprozess für Kunden, was die Konversionsraten erhöhen kann. Doch was ist konkret zu tun, um den E-ID-Login auf der eigenen Webseite zu integrieren? Der Bund setzt auf einen offenen Ansatz, um die Hürden für Unternehmen so gering wie möglich zu halten.

Moderner Schweizer KMU-Arbeitsplatz mit digitalen Integrationselementen

Der gesamte technische Unterbau, die sogenannte Vertrauensinfrastruktur, wird als Open-Source-Software entwickelt. Das bedeutet, der Programmcode ist öffentlich einsehbar und kann von IT-Dienstleistern oder den Unternehmen selbst genutzt und in bestehende Systeme integriert werden. Der Bund stellt zudem eine sogenannte „Verifier-App“ bereit, die es Unternehmen ermöglicht, die Echtheit einer E-ID und der übermittelten Attribute einfach zu überprüfen. Die Integration wird also kein Hexenwerk sein, erfordert aber eine frühzeitige Auseinandersetzung mit der Technologie.

Unternehmen, die frühzeitig auf den Zug aufspringen, können sich einen Wettbewerbsvorteil sichern. Der E-ID-Login schafft Vertrauen und senkt die Hürden für Neukunden, sich zu registrieren. Die folgende Checkliste gibt einen ersten Überblick über die notwendigen Schritte.

Ihr Aktionsplan: Vorbereitung auf die E-ID-Integration

  1. Beta-Phase nutzen: Melden Sie sich für die öffentliche Beta-Phase an, um erste kostenlose Tests durchzuführen und Erfahrungen mit der Infrastruktur zu sammeln.
  2. Open-Source-Komponenten verstehen: Machen Sie sich oder Ihren IT-Partner mit den vom Bund bereitgestellten, transparenten Software-Komponenten vertraut.
  3. Systeme E-ID-fähig machen: Planen Sie die technische Integration des E-ID-Logins in Ihr Shop- oder CRM-System vor der verbindlichen Einführung im Jahr 2026.
  4. Verifier-App implementieren: Nutzen Sie die vom Bund zur Verfügung gestellten Verifikations-Tools, um die von Kunden übermittelten Datenattribute sicher zu prüfen.
  5. Neue Geschäftsmodelle prüfen: Überlegen Sie, welche neuen, auf der Vertrauensinfrastruktur basierenden Dienstleistungen Sie anbieten könnten (z.B. personalisierte Services).

Die Integration der E-ID ist somit weniger eine technische Hürde als vielmehr eine strategische Entscheidung. Sie ist ein klares Bekenntnis zu einem modernen, sicheren und kundenfreundlichen digitalen Auftritt im Schweizer Markt.

Wann erreicht die Schweiz den Digitalisierungsgrad von Estland?

Im Kontext der Digitalisierung wird oft Estland als leuchtendes Vorbild genannt. Das baltische Land hat bereits vor Jahren eine umfassende digitale Identität eingeführt, die den Bürgern Zugang zu hunderten von staatlichen und privaten Dienstleistungen ermöglicht. Die Schweizer E-ID ist im Vergleich dazu bewusst schlanker konzipiert. Es ist daher wichtig, die Erwartungen richtig zu steuern und die grundlegenden Unterschiede zu verstehen.

Das estnische Modell integriert eine Vielzahl von Funktionen direkt in die ID-Karte und die digitale Identität, wie zum Beispiel die digitale Signatur, das Wahlrecht oder den Zugriff auf Gesundheitsdaten. Die Schweizer E-ID hat einen klar definierten, engeren Fokus: Sie dient primär dem sicheren und eindeutigen Identitätsnachweis im digitalen Raum. Andere Funktionen wie die elektronische Signatur werden durch separate, aber kompatible Gesetze und Dienste geregelt. Dieser modulare Ansatz soll mehr Flexibilität und Sicherheit gewährleisten.

Annett Laube, Professorin für Informatik an der Berner Fachhochschule, bringt diesen Unterschied auf den Punkt und dämpft überzogene Erwartungen:

Die E-ID wird keine dieser Funktionen übernehmen. Sie ersetzt lediglich die Plastikkarte und dient zum Nachweis der Identität, beispielsweise für die Anmeldung bei digitalen Diensten.

– Annett Laube, Professorin für Informatik an der Berner Fachhochschule

Anstatt ein monolithisches System wie Estland zu kopieren, baut die Schweiz eine offene Vertrauensinfrastruktur auf, auf der verschiedene digitale Nachweise (Identität, Führerschein, Diplome) aufsetzen können. Der Fokus liegt nicht darauf, alle denkbaren Funktionen in einem einzigen Produkt zu bündeln, sondern ein sicheres Fundament für ein ganzes Ökosystem digitaler Dienste zu schaffen. Die Schweiz wird also nicht über Nacht zu einem zweiten Estland, sondern verfolgt einen eigenen, auf Datensouveränität und schrittweiser Entwicklung basierenden Weg in die digitale Zukunft.

Wie passen Sie Ihre Datenschutzerklärung in 5 Schritten an das neue Gesetz an?

Die Einführung der E-ID fällt zeitlich mit der Verschärfung des Schweizer Datenschutzrechts (nDSG) zusammen. Für Unternehmen, die den E-ID-Login anbieten, bedeutet dies, dass sie ihre Datenschutzerklärung anpassen müssen, um transparent über die neue Form der Datenverarbeitung zu informieren. Die gute Nachricht: Da die E-ID auf den Prinzipien der Datensparsamkeit und Nutzerkontrolle basiert, erleichtert sie in vielen Bereichen die Einhaltung der nDSG-Vorgaben. Dennoch sind einige spezifische Anpassungen in Ihrer Datenschutzerklärung unerlässlich.

Sie müssen klar darlegen, dass Sie die staatlich anerkannte E-ID als Authentifizierungsmethode anbieten und welche Daten (Attribute) Sie im Zuge dieses Prozesses abfragen. Besonders wichtig ist der Hinweis auf die dezentrale Speicherung und die Rechtsgrundlage, nämlich das neue Bundesgesetz über die elektronische Identität (BGEID). Eine klare und verständliche Kommunikation schafft Vertrauen bei Ihren Kunden und minimiert rechtliche Risiken. Eine präzise Beschreibung des Prozesses zeigt, dass Ihr Unternehmen den Datenschutz ernst nimmt.

Die Anpassung Ihrer Datenschutzerklärung kann in den folgenden fünf Schritten erfolgen, um Konformität mit dem nDSG und dem BGEID sicherzustellen:

  1. Schritt 1: E-ID-Login-Option erwähnen: Klären Sie in Ihrer Datenschutzerklärung explizit auf, dass die staatlich anerkannte E-ID als Authentifizierungsmethode akzeptiert wird.
  2. Schritt 2: Datenminimierung dokumentieren: Beschreiben Sie, dass dank der E-ID nur die für den jeweiligen Zweck notwendigen Attribute abgefragt werden (z.B. nur die Altersbestätigung statt des vollen Geburtsdatums).
  3. Schritt 3: Dezentrale Datenspeicherung erklären: Betonen Sie gegenüber Ihren Nutzern den Sicherheitsvorteil, dass die E-ID-Daten auf deren eigenem Gerät verbleiben und Sie keinen Zugriff auf den „digitalen Ausweis“ selbst haben.
  4. Schritt 4: Rechtsgrundlage spezifizieren: Verweisen Sie auf das neue E-ID-Gesetz (BGEID) als spezifische rechtliche Grundlage für die Verarbeitung der Identitätsdaten.
  5. Schritt 5: Auskunftsrecht vereinfachen: Erläutern Sie, wie die E-ID es Nutzern erleichtert, ihr Auskunftsrecht nach nDSG wahrzunehmen, da sie eine vollständige Kontrolle und Übersicht über ihre Datenfreigaben haben.

Durch diese Anpassungen stellen Sie nicht nur die rechtliche Konformität sicher, sondern nutzen auch die Gelegenheit, die Sicherheits- und Datenschutzvorteile der E-ID als positives Merkmal Ihres Services hervorzuheben.

Das Problem der Anonymisierung, das die KI-Forschung in der Schweiz bremst

Während die E-ID primär der sicheren Identifikation von Personen dient, berührt sie ein breiteres Thema, das für die Forschung und Entwicklung in der Schweiz von zentraler Bedeutung ist: der Umgang mit sensiblen Daten. Insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) und der medizinischen Forschung besteht ein grosser Bedarf an grossen, qualitativ hochwertigen Datensätzen. Gleichzeitig setzt das strenge Datenschutzgesetz hohe Hürden für deren Nutzung. Eine effektive Anonymisierung oder Pseudonymisierung von Daten ist technisch anspruchsvoll und oft nicht ausreichend, um die Privatsphäre vollständig zu schützen.

Die Technologie hinter der E-ID, insbesondere das Konzept der überprüfbaren digitalen Nachweise („Verifiable Credentials“), könnte hier zukünftig Lösungsansätze bieten. Man könnte sich Szenarien vorstellen, in denen ein Bürger gezielt und widerruflich bestimmte, anonymisierte Gesundheitsattribute für ein Forschungsprojekt freigibt, ohne seine gesamte Identität preiszugeben. Die Kontrolle bliebe vollständig beim Individuum. Dies ist zwar noch Zukunftsmusik, doch die mit der E-ID geschaffene Vertrauensinfrastruktur ist die notwendige Basis für solche Innovationen.

Schon heute werden Vorläufer solcher digitalen Nachweise in Pilotprojekten getestet, um Erfahrungen für den landesweiten Rollout zu sammeln.

Pilotprojekt: Der elektronische Lernfahrausweis

Im Kanton Appenzell Ausserrhoden läuft seit 2024 ein Pilotbetrieb für einen digitalen Lernfahrausweis. Anstatt einer Plastikkarte haben Lernfahrer ihren Ausweis sicher in einer App auf dem Smartphone. Das Projekt dient als wichtiger Testlauf für den zukünftigen, staatlich anerkannten Identitätsnachweis. Es werden nicht nur technische Aspekte der Datensicherheit und -überprüfung getestet, sondern auch wertvolle Erkenntnisse zur Nutzerakzeptanz und zur praktischen Handhabung im Alltag, beispielsweise bei Polizeikontrollen, gewonnen.

Diese Pilotprojekte sind entscheidend, um die Balance zwischen Datenschutz, Nutzerfreundlichkeit und den Anforderungen von Wirtschaft und Forschung zu finden. Sie zeigen, dass die Schweiz einen pragmatischen, schrittweisen Ansatz wählt, um das Potenzial digitaler Nachweise auszuloten, bevor sie flächendeckend eingesetzt werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Sicherheit durch Kontrolle: Die neue E-ID legt die Datensouveränität dank dezentraler Speicherung (SSI) vollständig in die Hände der Bürger.
  • Praktischer Nutzen im Alltag: Prozesse wie Kontoeröffnungen oder Vertragsabschlüsse werden von mehreren Tagen auf wenige Minuten beschleunigt.
  • Fundament für die Zukunft: Die E-ID ist mehr als ein digitaler Ausweis; sie ist die Basis für ein ganzes Ökosystem sicherer digitaler Dienste in der Schweiz.

Wie Schweizer Unternehmen ihre Datensouveränität mit dem neuen Datenschutzgesetz (nDSG) wahren?

Das neue Datenschutzgesetz (nDSG) hat das Bewusstsein für die Bedeutung der Datensouveränität in Schweizer Unternehmen geschärft. Es geht nicht mehr nur darum, Daten zu sammeln, sondern darum, sie sicher, transparent und im Einklang mit den Rechten der Individuen zu verwalten. Die staatliche E-ID-Infrastruktur ist ein mächtiges Werkzeug, das Unternehmen dabei unterstützt, diese Ziele zu erreichen und ihre eigene digitale Souveränität zu stärken.

Durch die Integration des E-ID-Logins lagern Unternehmen die heikle Aufgabe der Identitätsprüfung an eine vertrauenswürdige, staatlich garantierte Instanz aus. Sie müssen keine sensiblen Ausweiskopien mehr speichern und verwalten, was ihr eigenes Haftungsrisiko erheblich reduziert. Stattdessen verlassen sie sich auf verifizierte Attribute, die über eine sichere Schnittstelle übermittelt werden. Dieser Prozess ist nicht nur nDSG-konform, sondern auch extrem effizient. Die Transparenz wird dadurch untermauert, dass sämtliche Komponenten der E-ID-Infrastruktur als Open Source einsehbar sind, was Vertrauen schafft und eine Überprüfung durch Experten ermöglicht.

Die Vertrauensinfrastruktur für Kantone und Gemeinden

Nicht nur Privatunternehmen profitieren. Auch für Gemeinden und Städte wird das Anbieten digitaler Leistungen massiv vereinfacht. Anstatt eigene, teure Login-Systeme zu entwickeln, können sie auf die vom Bund bereitgestellte Vertrauensinfrastruktur zurückgreifen. Ein Verwaltungsmitarbeiter kann am Schalter mit einer einfachen Verifikations-App oder am PC mit dem „Generic Verifier“ die Echtheit einer E-ID überprüfen und so den Bürger eindeutig identifizieren. Dies ermöglicht sichere digitale Behördengänge, von der Adressänderung bis zur Bestellung eines Betreibungsregisterauszugs.

Letztlich ermöglicht die E-ID den Unternehmen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, anstatt komplexe und risikoreiche Identitätsmanagement-Systeme betreiben zu müssen. Sie stärkt die Datensouveränität, indem sie eine klare Trennung zwischen der Hoheit des Bürgers über seine Daten und dem berechtigten Informationsbedarf des Unternehmens schafft. Dies ist ein entscheidender Schritt in eine digitale Wirtschaft, die auf Vertrauen, Sicherheit und Effizienz basiert.

Um das volle Potenzial auszuschöpfen, ist es essenziell, die Prinzipien der Datensouveränität im Kontext des nDSG zu verstehen und anzuwenden.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihr Unternehmen auf die Ankunft der E-ID vorzubereiten, um die Weichen für eine sichere und effiziente digitale Zukunft zu stellen.

Fragen fréquentes sur die Schweizer E-ID

Geschrieben von Reto Aebischer, Dipl. Informatikingenieur ETH und Digital Transformation Consultant für den Schweizer Mittelstand. Spezialisiert auf Cybersecurity, Cloud-Migration und Prozessautomatisierung.